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Veranstaltung

Tagung: Arbeit, Gewalt und Zwang. Industriekultur und Verantwortung

Veranstaltungsdetails

20.11.2025 bis 21.11.2025

09:30 bis 16:00 Uhr

Salinemuseum Halle

Mansfelder Str. 52
06108 Halle (Saale)

Anmeldung

Online per Link oder telefonisch bis zum 07.11. Tagungsgebühr 10 Euro (zu zahlen vor Ort), ausgenommen Mitglieder des LHB und MV Sachsen-Anhalt e. V.

Steffi Halbauer

info@lhbsa.de
0345 135 016 48

Kontakt

Ortrun Vödisch

voedisch@lhbsa.de

017620625198

Themen

Denkmal & Baukultur Erinnerungskultur Geschichte Industriekultur

Die Tagung stellt Fragen nach den verschiedenen Formen von Gewalt und Zwang seit dem Ersten Weltkrieg bis heute und damit einhergehend nach Formen der öffentlichen Erinnerung und Verantwortung. Wie können diese negativen Folgen und Voraussetzungen von industrieller Entwicklung in ein Narrativ von Industriekultur in Sachsen-Anhalt eingebettet werden?

Industriekultur wird häufig von einer Fortschrittsgeschichtsschreibung begleitet. Tatsächlich existieren zahlreiche Verbindungen zwischen industrieller Entwicklung und Gewaltstrukturen, wie Zwangsarbeit oder prekären Arbeitsbedingungen. Auch die Rüstungsindustrie als eine auf Zerstörung gerichtete Produktion spielt in industriekulturellen Großerzählungen nur selten eine Rolle. Dies gilt insbesondere für das Gebiet des heutigen Sachsen-Anhalt dessen industrielle Entwicklung wie die kaum einer anderen Wirtschaftsregion Europas mit den Gewaltverbrechen des 20. Jahrhunderts verbunden ist. Die Tagung stellt Fragen nach den verschiedenen Formen von Gewalt und Zwang seit dem Ersten Weltkrieg bis heute und damit einhergehend nach Formen der öffentlichen Erinnerung und Verantwortung von Institutionen. Wie können diese negativen Folgen und Voraussetzungen von industrieller Entwicklung in ein Narrativ von Industriekultur in Sachsen-Anhalt eingebettet werden?
Die Tagung wird initiiert vom Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e. V. und dem Institut für Landesgeschichte am Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt in Kooperation mit dem Netzwerk Industriekultur, dem Museumsverband Sachsen-Anhalt, der Landeszentrale für politische Bildung, dem Salinemuseum Halle (Saale) und dem Landesbeauftragten für die Aufarbeitung der SED-Diktatur.

Programm

Donnerstag, 20.11.2025 
 
09:30 Uhr:  
Begrüßung  
Jan Kellershohn (Halle): Einführung  
 
10:00 Uhr: 
Panel I: Arbeits- und Gewaltverhältnisse bis 1933 
Moderation: Jan Kellershohn (Halle) 
Jan zum Mallen (Bochum): Freie Arbeit? Bedeutung und Wandel der Vertragsbruchkriminalisierung in der Zuckerrübenproduktion (1880-1914) 
John Palatini (Halle): Die Kriegsgefangenen und der Aufbau der Mitteldeutschen Industrie im Ersten Weltkrieg  
 
11:30 Uhr: Mittagessen 
 
12:30 Uhr 
Panel II: Rüstungsproduktion und Untertageverlagerungen 
Moderation: Justus Vesting (Halle) 
Joachim Grossert (Bernburg): Leau – ein Außenlager des KZ Buchenwald 
Andreas Froese (Nordhausen): Zwangsarbeit unter und über Tage: Das KZ Mittelbau-Dora (1943-1945) 
Gero Fedtke (Langenstein-Zwieberge): Sklavenarbeit und Spitzentechnologie. Zum Untertageverlagerungsvorhaben B2 (Konzentrationslager Langenstein-Zwieberge) 
Martin Schneider (Halle): Militärische Infrastruktur in Sachsen-Anhalt vor und während des Zweiten Weltkriegs und deren denkmalpflegerische Aufarbeitung – Analysiert an zwei Beispielen 
 
15:00 Uhr: Pause 
 
15:30 Uhr: 
Panel III: Dimensionen der Verantwortung 
Moderation: Ortrun Vödisch (Halle) 
Kathrin Misterek (Halle): Materielle Spuren der Gewalt: Archäologie der NS-Zwangsarbeit am Beispiel des Flughafens Tempelhof, Berlin 
Anne Heinlein (Potsdam): Industriekultur und Erinnerung. Künstlerische Auseinandersetzungen mit Orten von Macht, Militär und Zwang in der ehemaligen DDR 
Christina May (Halle): Wie angemessen ist eine Erinnerungskultur für industriell gehaltene und getötete Tiere? 
Daniel Pöhl (Halle): Halloren am Kamerunberg. Koloniale Verstrickungen der Schokoladenfabrik Friedrich David & Söhne mit dem Kakaoanbau in der Kolonie „Deutsch-Kamerun“ 
 
17:30 Uhr: Pause 
 
18:00 Uhr 
Podiumsdiskussion: Arbeit, Gewalt, Zwang. Wie erinnern wir die Schattenseiten der Industriegeschichte? 
Ingo Beljan, Felix Bachmann (Salinemuseum Halle) 
Sven Sachenbacher (Fachdienstleiter Kultur, Kreismuseum Bitterfeld) 
Thies Schröder (Vorstandsmitglied Bundesverband Industriekultur/Ferropolis) 
Elisabeth Rüber-Schütte (Landeskonservatorin/Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie Sachsen-Anhalt) 
Daniel Logemann (Museum Zwangsarbeit im Nationalsozialismus, Weimar) 
 
19:30 Uhr: Abendessen 
 
Freitag, 21.11.2025 
 
8:30 Uhr: 
Panel IV: Regionale und betriebliche Perspektiven auf Zwangsarbeit 
Moderation: Stephanie Eifert (Merseburg) 
Johanna Hohaus (Halle): Zwangsarbeit im Raum Wittenberg – Aufarbeitung und Erinnerung 
Katharina Krüger (Halle): Die Mansfeld AG im Zweiten Weltkrieg 
Arndt Macheledt (Heringen): NS-Zwangsarbeit im deutschen Kalibergbau unter besonderer Berücksichtigung des Werra-Kalireviers 
 
10:15 Uhr: Pause 
 
10:30 Uhr: Panel V – Parallelsektionen  
Panel Va: Im System der Zwangsarbeit 
Moderation: John Palatini (Halle) 
Daniel Bohse (Magdeburg): Zwangsarbeit von Justizgefangenen während des Zweiten Weltkrieges im Gebiet von Sachsen-Anhalt 
Johanna M. Vojcsik (Freiburg/Pécs): Zwangsarbeit von ungarischen Jüdinnen für die Rüstungsindustrie 
Frank W. Ermer (Havelberg): Das Außenlager Glöwen des KZ Sachsenhausen und die Verstrickungen mit der Rüstungsindustrie 1933–1945 
 
Panel Vb: Zwangsarbeit und Unternehmensgeschichte 
Moderation: Roland Wiermann (Bernburg) 
Christian Marlow (Magdeburg): Polte-Patronen, Panzer IV, Junkersflieger und T 55 – Waffen- und Rüstungsbetriebe in und um Magdeburg 1914-1989 
Antonia Beran (Genthin): „Dienstverpflichtet im Reich“ – Frauenschicksale in der Rüstungsindustrie und Perspektiven der Erinnerungskultur am Beispiel der Silva GmbH (Genthin-Wald) 
Katharina Hindelang (Halle): Formen der Zwangsarbeit um das Silva-Metallwerk in Genthin. Eine Spurensuche 
 
12:15 Uhr: Mittagessen 
 
13:00 Uhr 
Panel VI: Strafgefangenenarbeit in der DDR 
Moderation: Johannes Beleites (Magdeburg) 
Christian Sachse (Berlin): Strafgefangene in der Industrie der Bezirke Halle und Magdeburg 
Justus Vesting (Halle): Strafgefangene und Bausoldaten im Chemiedreieck 
 
14:00 Pause 
 
14:15 Panel VII: Arbeit und Gewalt in der DDR 
Moderation: Daniel Bohse (Magdeburg) 
Josepha Kirchner (Gräfenhainichen): Arbeitsbedingungen von Vertragsarbeitenden im Bezirk Halle zwischen 1970–1990 
Anna Horstmann (Bielefeld): Zwischen Bevormundung und Gefährdung. Arbeitsschutz im Mitteldeutschen Chemiedreieck 
Björn Schmalz (Merseburg): Vom Hörschaden über den Gelenkverschleiß bis zur Infektionskrankheit. Rechtliche Grundlagen, archivalische Überlieferung und (Un)Benutzbarkeit von Unterlagen über Berufskrankheiten im DDR-Bezirk Halle 
 
15:45 Uhr: Abschlussdiskussion 
Moderation: Jan Kellershohn (Halle) 
 
16:00 Uhr: Abreise 

Call for Papers

Eingeladen sind Beiträge aus den Bereichen Wissenschaft, Museen, Gedenkstätten, ehrenamtliches Engagement sowie weiteren erinnerungspolitisch relevanten Institutionen. 
Mit den Beiträgen soll eine Diskussion eröffnet werden, in der danach gefragt wird, welche Formen von Gewalt mit Industrie verbunden sind oder durch Industriezweige befördert werden. Im Fokus steht der mögliche Umgang mit der Geschichte von Gewalt an Orten der Industriekultur sowie in industriekulturellen Großerzählungen. Mögliche Beispiele ergeben sich aus heutigen und früheren Initiativen des Gedenkens sowie über Fallbeispiele der Industriegeschichte selbst und ihrer Thematisierung in Museen als Orten der Erinnerungskultur. Neben öffentlichen Institutionen erarbeiteten auch zahlreiche ehrenamtlich engagierte Personen Gedenkorte an Zwangsarbeit. Die ehemaligen Produktionsorte der Rüstungsindustrie von Kriegstechnik (Magdeburg), über Sprengstoffe (Coswig) bis hin zur chemischen Entwicklung des Giftgases Zyklon B (Dessau) weisen teils bereits durch die Arbeitsbedingungen schwerwiegende Verletzungen und tödliche Unfälle aus. Davon unbenommen sind die Erzeugnisse der Produktionen mit Tötungsabsicht hergestellt worden. Darüber hinaus können auch die Arbeitsbedingungen in der Braunkohlen- und in der chemischen Industrie der DDR Thema sein, die Ausbeutung und Ausgrenzung mit sich brachten wie die der (politischen) Strafgefangenen und der Bausoldaten oder von ausländischen Arbeiter:innen. Ebenso können mehr-als-menschliche Beziehungen, der Umgang mit Tieren im Kontext von Krieg, Gewalt und Industrie thematisiert werden.

Analytisch begrüßten wir sowohl Beiträge aus dem Bereich der Arbeits-, Wirtschafts-, Unternehmens- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts als auch aus der Erinnerungsgeschichte sowie der Museologie. Besonders freuen wir uns über Vorschläge von zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereinen.

Insgesamt erbaten wir Vorschläge aus den folgenden vier Themenbereichen der sachsen-anhaltischen Industriegeschichte, gerne in vergleichender oder transregionaler Perspektive:   

1. Unfreie Arbeit: Welche Formen und Ausprägungen unfreier Arbeit lassen sich in der sachsen-anhaltischen Industriegeschichte identifizieren? Welche Bedeutung erlangten Formen unfreier Arbeit in der Industriegeschichte des Landes? 
2. Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten: Wie können Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten als Thema der Industriegeschichte und der Landesgeschichte erforscht und vermittelt werden? Welche spezifischen Strukturen des Umgangs mit Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten bildeten sich heraus? 
3. Arbeitsbeziehungen: Welche gewaltvoll strukturierten Arbeitsbeziehungen lassen sich identifizieren? Welche Bedeutung haben Sexismus, Rassismus und Klassismus in der Industriegeschichte sowie der Erinnerung?  
4. Unternehmen: Welche Unternehmensgeschichten lassen sich in die Geschichte von Industrie und Gewalt einordnen? Welche Bedeutung haben dabei insbesondere Unternehmen der Rüstungsindustrie? Welche Verbindung sachsen-anhaltischer Unternehmen zu staatlichen Gewaltverbrechen des 20. Jahrhunderts lassen sich identifizieren?