
Marktschwärmerei Niegripp
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Marktschwärmerei: Wie der alte Niegripper Dorfkonsum zum digitalen Bauernmarkt wurde
Im Niegripper Konsum stehen längst keine Verkaufsregale mehr, erfolglos bleibt die Suche nach Kassen oder Preisschildern. Der Griff ins Warenregal ist in Niegripp Geschichte. Die Kundschaft füllt ihren Einkaufskorb nun digital, bei den Niegripper Marktschwärmer:innen. Sie erhält in Niegripp die bezahlte Ware in der Begegnungsstätte „Konsum" wöchentlich von den Erzeugern der Region ausgehändigt.
Auf dem kleinen Parkplatz vor dem ehemaligen Konsum Niegripps, dem heutigen Domizil des Heimatvereins, herrscht am Donnerstagabend lebendiges Treiben. Hinter den großen Schaufenstern, denen ein liebenswürdiger Charme längst vergangener DDR-Zeiten anhaftet, hat sich die Niegripper Marktschwärmerei – eine Mischung aus Onlinehandel und Bauernmarkt – einen festen Platz in der Versorgung mit Lebensmitteln geschaffen.
Am Anfang dieses Nahversorgungsangebots im Burger Umland stand, wie so oft, der Zufall. Die Vereinsmitglieder des Niegripper Heimatvereins haben von der Marktschwärmer-Bewegung, die inzwischen 120.000 Mitglieder, 1.500 regionale Erzeuger und 90 Märkte umfasst, erfahren und waren sofort begeistert: Eine Marktschwärmerei ist eine Art Bauernmarkt, auf dem regionale Produkte von regionalen Erzeugern verkauft werden, der allerdings vollkommen digital betrieben wird. Einmal wöchentlich können Kund:innen die Landwirt:innen, Imker:innen und Bäcker:innen aus der Region persönlich treffen. So wird absolute Transparenz geschaffen für all jene, die Wert darauf legen zu wissen, wo die Produkte, die auf dem Teller liegen, herkommen und wie sie produziert werden.
Acht solcher Marktschwärmereien gibt es in Sachsen-Anhalt. Neben den Marktschwärmereien in den Städten Halle, Magdeburg, Lutherstadt Wittenberg, Quedlinburg, Halberstadt und Aschersleben ist Niegripp der einzige Standort im ländlichen Raum. Ein bisschen scheint mit der Marktschwärmerei auch die große weite Welt nach Niegripp eingezogen zu sein. Denn Marktschwärmereien, deren Konzept aus Frankreich kommt, gibt es inzwischen in Spanien, Italien, der Schweiz, den Niederlanden und Belgien und seit 2014 auch in Deutschland. Von Berlin aus werden die mittlerweile 150 Schwärmereien in den Bundesländern unterstützt und betreut.
Um an den Start zu gehen, brauchte die geplante Niegripper Marktschwärmerei einen Standort. Das Vereinsheim des Heimatvereins, ein alter Dorfkonsum, lag dafür auf der Hand. Zusätzlich mussten sich zunächst mindestens 150 Kundinnen und Kunden registrieren lassen, die die Angebote nutzen wollen. Dass es heute 360 sind, spricht für den Erfolg des Modells. Durchschnittlich 25 bis 30 Kunden bestellen und zahlen online und suchen die wöchentliche Ausgabe am Donnerstag auf, um ihre Produkte abzuholen. Übrigens wird der Verteiltag selbst gewählt.
Neben den Kund:innen mussten sich auch regionale Erzeuger registrieren lassen. Die Produktpalette der Marktschwärmerei soll nämlich nicht der eines Supermarktes entsprechen. Laut Marktschwärmerei-Regeln benötigt man mindestens je einen Erzeuger, der Waren aus den Bereichen Fleisch/Wurst, Milch/Molkereiprodukte, Backwaren, Obst und Gemüse sowie Feinkost anbietet. Regionale, kleine Erzeuger zu finden, die interessiert waren und sich auf der Plattform registrierten, war nicht einfach. Denn auch Kleinproduzenten der Region haben Existenzprobleme und Sorgen.
Ohne Engagement, Herzblut und Idealismus wäre das Vorhaben nicht zu stemmen gewesen. Aber die Initiator:innen sind sich rückblickend einig, dass es sich gelohnt hat, dieses wenig bekannte Format der Vermarktung von guten saisonalen Produkten aus der Region in Niegripp zu etablieren. Woche für Woche lesen die Kund:innen nach ihrer Online-Bestellung den untenstehenden erfreulichen Text.
Im Elbdorf Niegripp werden Produkte von meist kleineren Erzeugern aus dem nahen Umkreis angeboten, die eher selten in den Regalen der Großmärkte zu finden sind. Nicht umsonst wird deshalb sogenannte Manufakturware beworben. Die Vereinsmitglieder stecken viel Arbeit in die Akquise, schreiben Erzeuger an, werben neue Kundschaft über soziale Medien und nutzen ihr persönliches Netzwerk. Ebenso hilfreich ist das Netzwerk der Marktschwärmer.
Die Chance, ihre Produkte mit einer großen Planungssicherheit selbst vermarkten zu können, ist für die regionalen Erzeuger attraktiv. Die produzierenden Betriebe gehen bei der Marktschwärmerei kein Risiko ein. Sie bestimmen ihre Preise selbst, statt sie sich von Großhändlern diktieren zu lassen.
Derzeit steht den Kund:innen der Niegripper Marktschwärmerei die Produktpaletten von 25 Erzeugern zur Auswahl, Tendenz steigend. Gemüse, Obst, Fleisch, Eier, Molkereiprodukte, Brot, Honig und Feinkost in den Marktschwärmereien müssen nicht zwingend ökologisch sein. Dennoch ist in Niegripp – wie auch bundesweit – eine klare Tendenz in Richtung Bio zu erkennen. Der Kundschaft gibt es ein gutes Gefühl, kurze Lieferketten und kleine Landwirte aus der Nachbarschaft zu unterstützen, statt weit gereiste Lebensmittel aus dem Supermarkt zu kaufen. Dafür müssen sie nicht jeden einzelnen Erzeuger abklappern, sondern fahren unsere Schwärmerei an.
Den Kund:innen soll es schnell und reibungslos möglich sein, den virtuellen Einkaufskorb mit den Produkten ihrer Wahl zu füllen. Die Plattform ist selbsterklärend und nicht schwierig zu handhaben. Umtausch oder Geldrückgaben bei fehlerhaften Lieferungen kommen sehr selten vor, sind aber problemlos. Die ältere Kundschaft, die nicht unbedingt digitalaffin ist, unterstützen die Vereinsmitglieder beim Einkauf im Internet.
Donnerstags von 17 bis 19 Uhr sind die produzierenden Betriebe vor Ort. So können die Kund:innen beim Abholen auch gleichzeitig mit den Menschen hinter den Lebensmitteln ins Gespräch kommen und es wird die eine oder andere Kostprobe gereicht. Da im Voraus bestellt und bezahlt wird, bleibt kein Produkt liegen und nichts muss lange gekühlt werden. Die bis 16 Uhr angelieferte Ware geht unverzüglich und damit frisch und direkt an die Kund:innen.
Neben den Marktleuten sind die Vereinsmitglieder zu diesem Zeitpunkt vor Ort und sorgen für einen geregelten Ablauf, angefangen von der Ausstattung bis hin zur Nachweisführung und den Aufräumarbeiten. Und ganz nebenbei sorgen sie auch für die Stärkung des Dorflebens und des freudvollen Miteinanders in Niegripp.

Marktschwärmerei Niegripp
Das Team der Marktschwärmerei Niegripp
Ein positiver Beitrag für dich, deine Region und den Planeten
Dank Deiner Bestellung gehen 43,72 € an die Erzeuger. So unterstützt Du direkt die faire Entlohnung der bäuerlichen Landwirtschaft und des Lebensmittelhandwerks in Deiner Region. Die Produkte Deiner Bestellung haben durchschnittlich 32 km bis zur Verteilung zurückgelegt. Mit jedem regionalen Einkauf trägst du zu einer verantwortungsvolleren, nachhaltigeren und gerechteren Entwicklung in der Landwirtschaft bei.