Zum Hauptinhalt springen

Artikel

Heavy Metal und Maschinen

Ausgabe

Sachsen-Anhalt-Journal - „Sound“ (Nr. 2, 2025)

Ausgabe kaufen

Themen

Fest & Tradition Industriekultur Kunst & Musik

Zwischen Dampfmaschine und Doublebass – Das Technikmuseum Magdeburg macht seit 2023 die Verbindung von Industriekultur und Heavy Metal erlebbar. Die „Fête de la Schwermetall“ bringt lokale und überregionale Bands vor die Kulisse.

Heavy Metal und Maschinen – dahinter steckt eine handfeste historische Verbindung. Die Musikrichtung entwickelte sich in den späten 1960er Jahren vor allem in Großbritannien in der Arbeiterklasse, die in dieser Zeit stark von Transformationsprozessen betroffen war und möglicherweise ein anderes Lebensgefühl teilte als etwa die Hippies oder die Anhänger des Psychedelic Rock. Als Begründer dieser harten, düsteren Spielart des Rock zählen Black Sabbath, deren Mitglieder aus Birmingham stammten und die mit ihrer Musik versuchten, dem harten Alltag und der Perspektivlosigkeit ihres Milieus zu entfliehen und es gleichzeitig zu verarbeiten. Ähnliche Biografien weisen Judas Priest auf, ebenfalls aus Birmingham stammend, oder Saxon aus Barnsley, einer Bergarbeiterstadt im Norden Englands. Mit dem Album British Steel schrieben Judas Priest eine Art trotzige Hommage an die untergehende britische Stahlindustrie.

In den 1980er Jahren schwappte der Heavy Metal nach Europa über und fand in Deutschland im Ruhrgebiet eine seiner Keimzellen. Hier gründeten sich Bands wie Sodom, Kreator, Grave Digger oder Warlock – Musiker, die ebenfalls aus Arbeiterhaushalten stammten und deren Musik das industrielle Umfeld spiegelte.

Ob sich in Ostdeutschland vergleichbare Bezüge herstellen lassen, ist bisher kaum untersucht. War Metal in der DDR Ausdruck der Arbeitswelt oder eher Flucht in eine Gegenwelt? Inzwischen rückt die ostdeutsche Metal-Szene stärker in den Fokus – etwa durch Nikolai Okunews Dissertation Red Metal (2021), Jan Kubons Podcast Iron East (seit 2022) oder eine Ausstellung in der Berliner Kulturbrauerei, kuratiert vom Haus der Geschichte.

Führung durch das Technikmuseum 2023

Vor diesem Hintergrund wagte das Technikmuseum Magdeburg 2023 ein Experiment: Im Jahr 2023 sollte die berühmte Fête de la Musique auch im Technikmuseum stattfinden. Allerdings fielen uns als potentielle Musiker*innen nur Rockund Heavy-Metal-Bands ein, die normalerweise bei dieser Gelegenheit selten dabei sind. Daraus machten wir dann kurzerhand eine „Fête de la Schwermetall“, quasi die rockige Variante der Fête de la Musique.

Was als spontane Idee begann, entwickelte sich schnell zu einer eigenen Veranstaltungsreihe mit wachsendem Publikum. Das Konzept: Lokale Bands aus dem Rock- und Metalbereich treten im Industriehof des Museums auf – eingebettet in eine Umgebung, die mit Maschinen und Stahl bestens zur Musik passt. Dass Metal im Technikmuseum funktioniert, zeigte sich direkt im ersten Jahr: Über 300 Besucher:innen kamen, das Feedback war durchweg begeistert.

Die Band „Gomorrha“ auf der Bühne

2024 wurde die Reihe eigenständig fortgeführt – mit erweitertem Line-up, trotz fehlender offizieller Unterstützung. In diesem Jahr fand dann die 3. Fête de la Schwermetall statt. Nachdem wir in den ersten beiden Jahren nur auf lokale Bands gesetzt hatten, wollten wir diesmal über den Tellerrand schauen und gucken, ob sich auch Bands außerhalb der Region für unser Konzept interessierten. Dabei half uns der gemeinnützige Verein Metality e.V., der über seine Facebook-Seite für unser kleines Festival warb. Innerhalb von wenigen Stunden hatten wir drei wunderbare Bands, die sich bereit erklärten, bei uns zu spielen. Die Bands waren demzufolge eine Mischung aus Magdeburger Musiker*innen und solchen von weiter weg: Jimmy Dekker & the ARCBOYs erlaubten uns, Tobias Hengstman mal nicht als grantelnden Franz Branntwein auf der Bühne zu sehen, sondern als versierten Bassisten.

Bodyguerra reisten aus dem Emsland an und erfreuten uns mit straightem Hard Rock und einer tollen Sängerin. Eine starke weibliche Stimme brachten auch Queen Of Distorion aus Braunschweig mit, bevor die Pfälzer Jungs von Gomorrha 80er Jahre Death- und Thrash-Metal vom Feinsten ablieferten. Tarabas sind Magdeburger Urgesteine des Dark Metal und entführten uns in andere, düstere Klangwelten. Da wir aufgrund der Haushaltskrise der Landeshauptstadt dieses Jahr Eintritt nehmen mussten, freuten wir uns umso mehr, dass wieder gut 150 große und kleine Metaller mitten in der Woche den Weg zu uns fanden. Die Resonanz bestätigt: Die Fête de la Schwermetall ist mehr als ein musikalisches Nischenprojekt. Sie bringt neue Zielgruppen ins Museum, öffnet einen kulturellen Raum jenseits des klassischen Konzertbetriebs und zeigt: Heavy Metal ist auch ein Teil unserer Industriegeschichte – und im besten Sinne lebendige Kultur. Auch für 2026 steht das halbe Lineup bereits fest.