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Eigene Karten und GIS-Projekte mit QGIS gestalten
Viele historische Quellen und natürlich Erzählungen über Geschichte verbinden sich mit Orten, Adressen oder räumlichen Informationen. Durch die Digitalisierung und zunehmende Erschließung von ortsbezogenen Daten existieren heute viele Möglichkeiten, eigene digitale Karten oder gar vollständige Geo-Informations-Systeme (kurz: GIS) selbst zu entwerfen und auszugestalten.
Eine hilfreiche und völlig kostenfreie Software hierfür ist QGIS. Zwar sieht das Tool am Anfang etwas schwierig bzw. komplex aus, hat man sich jedoch eingearbeitet, eröffnet es eine breite Palette von Möglichkeiten. Neben der Software mit vielen Plugins gibt es eine gute Dokumentation, Videotutorials und Mitmach-Gelegenheiten, die den Einstieg erleichtern.
Ein GIS-System ist letztlich wie ein Kartentisch mit vielen unterschiedlichen Lagen Transparentpapier aufgebaut, auf denen jeweils ein einzelnes Detail einer Karte auf einer ‚Papierlage‘ abgetragen wird. So etwa das Straßen- oder das Wassersystem, die Häuser, die Gehwege, die Grünflächen und vieles mehr. Diese Papierschichten – in GIS-Systemen Layer genannt – können nun ganz nach Wunsch ausgewählt, angezeigt, übereinandergelegt oder miteinander verschnitten werden. Einmal erzeugt, können diese Elemente auch für weitere Projekte Verwendung finden. Über verschiedene Datenanbieter können zudem viele Web-Map-Services, Web-Feature-Services und anderes mehr eingebunden werden. Auf diese Weise lassen sich Kartengrundlagen von communitybasierten Projekten wie Open-Street- Map bis hin zur digitalen Karte der Landesvermessungsämter einbeziehen. Zusätzlich können in Forschungsdatenrepositorien heute bereits weitere raumbezogene Daten (sogenannten Shape-Files) heruntergeladen und genutzt werden. Selbst die Einbindung von historischen Bildern und Karten ist möglich. Diesen Vorgang nennt man Georeferenzierung. Über markante Punkte auf beiden Karten (z. B. Kirchen) lassen sich alte Karten auf neue Koordinatensysteme und Kartengrundlagen „mappen“. Dabei werden verschiedene Verfahren der Transformation angeboten, die Ungenauigkeiten und Verzerrungen der alten Karten ausgleichen. Bei Bedarf können Bestandteile der georeferenzierten Altkarten auch selbst digitalisiert werden. Zunehmend ist dies aber gar nicht mehr notwendig, weil Repositorien wie Inspire bereits existierende Shape-Files nachnutzbar anbieten.
Aber vor allem geht es um die Visualisierung eigener Daten. Diese kann man entweder selbst in QGIS digitalisieren und erstellen, sowie danach mit anderen, auch selbst produzierten, Informationen aus Datenbanken verbinden. Oder aber man erstellt Tabellen mit den Geokoordinaten von Adressen und Orten sowie den zu visualisierenden Informationen. Diese werden dann in eine Karte eingelesen und schließlich als Layer dargestellt. Dabei verfügt QGIS über reichhaltige Möglichkeiten, mit verschiedenen Darstellungsformen, statistischen Elementen und Symbolen zu arbeiten. Über ein eigenes Tool zum Kartenlayout werden einzelne Karten mit Legenden, Überschriften etc. versehen und anschließend als PDF- oder Bilddatei ausgegeben. Egal, ob man also eher herkömmliche Karten für ein Buchprojekt oder aber webbasierte GIS-Systeme erstellen möchte: QGIS bietet für viele verschiedene Projekte hervorragende Möglichkeiten.
Dr. Katrin Moeller
ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und leitet dort das 2008 gegründete Historische Datenzentrum Sachsen-Anhalt. ⇆ katrin.moeller@geschichte.uni-halle.de

Abbildung 1: Transkribierte Adressbücher in der Datenbank des Vereins für Computergenealogie, Karte von Katrin Moeller, basierend auf Daten des Max-Planck-Instituts für Demografische Forschung (MPIDR) und dem Lehrstuhl für Geodäsie und Geoinformatik (CGG), Universität Rostock. Rostock 2011.

Abbildung 2: Digitalisierung historischer Hausparzellen auf der Open-Streetmap-Karte am Beispiel der Stadt Halle (Saale).
Geo-Informations-Systeme (kurz: GIS)
sind ein Bündel räumlicher Daten, mit denen sich verschiedene Typen von Informationen erfassen, bearbeiten, auswerten und präsentieren lassen. Dies können neben raumbezogenen Daten (Bebauungsstrukturen, Grenzen, Straßen- und Wassersysteme, Höhenlinien, Topografien etc.) auch inhaltliche Informationen zu verschiedenen Themen (Bewohner, Berufsund Altersstrukturen etc.), Bilder und vieles mehr sein. GIS-Systeme können vielleicht als immer wieder neu gestaltbare dynamische digitale „Atlanten“ betrachtet werden. Sie werden aus verschiedensten Modulen (Layern) zusammengesetzt, die zusammen eine „Karte“ ergeben.
Open-Street-Map (OSM)
ist eine Weltkarte mit Straßen, Flüssen, Häusern, Wäldern etc., die durch die webbasierte Zusammenarbeit vieler freiwilliger „Digitalisierer“ und „Digitalisiererinnen“ entstanden ist. Über das Internet arbeitet diese „Community“ zusammen, indem sie Daten aus Luftbildern „abzeichnet“ (digitalisiert), Wege und Orte erfasst oder mit einem GPS-Gerät Geokoordinaten einliest. Die Karten werden frei verfügbar angeboten.
Forschungsdatenrepositorien
sind Kataloge und Speicher, in denen Forschungsdaten zur Nachnutzung gefunden, aufbewahrt und nachgenutzt werden können. Dabei gibt es ganz verschiedene Datentypen, von der Textdatei, über Tabellen, Audios bis hin zu Bildern und Geodaten. Die Daten werden dabei mit Lizenzen versehen, so dass man schnell erfährt, mit welchen Rechten Daten weiterverwendet werden dürfen.
Web-Map-Services, Web-Feature-Services
sind Schnittstellen, über die man auf Karten und raumbezogene Daten von webbasierten Anbietern und Servern zugreifen kann. So kann man z. B. Open-Street-Maps als Webservice in das eigene GIS einbinden, ohne die Karte wirklich physisch auf den eigenen Rechner herunterzuladen.
Shape-Files
Komplexere Geodaten werden meist als sogenannte „Shape-Files“ angeboten. Dies sind oft drei oder vier verschiedene Dateien, die als Ganzes heruntergeladen und in einem Programm wie QGIS geladen werden können. Sie können z. B. ein Flusssystem oder einen Grenzverlauf beinhalten. Shape-Files können Punkte, Linien oder Flächen darstellen.
Inspire
ist eine europaweite Initiative zum Betrieb von Geodateninfrastrukturen (GDI). Dazu gehören auch digitale Kataloge, in denen sich Karten, Geodaten und raumbezogene Webservices finden lassen. Diese werden über verschiedene Suchbegriffe (Metadaten) angeboten. Inspire Deutschland betreibt z. B. das Geoportal.de