
Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft
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Der Balladenkönig aus Löbejün und ein Verein mit Biografie
Dem Leben und Wirken eines berühmten Sachsen-Anhalters widmet sich die Carl-Loewe-Gesellschaft in Loewes Geburtsort Löbejün. In mehr als 30 Jahren seit Vereinsgründung haben die Engagierten ein Netzwerk der verschiedenen Wirkungsstätten des bekannten Komponisten, das Carl-Loewe-Museum und jährlich stattfindende Festspiele aufgebaut.
Besucher:innen des Saalekreises begegnet der deutsche Balladenkönig Carl Loewe spätestens beim Spaziergang durch die Altstadt von Löbejün. Er wurde nämlich hier geboren und ist untrennbar mit der Kultur- und Musikgeschichte Sachsen- Anhalts verbunden.
Unmittelbar nach Carl Loewes Tod 1869 geriet sein musikalisches Erbe nahezu in Vergessenheit, jedoch nicht in Berlin und nicht in Löbejün. Hier veranstalteten vor und nach dem Zweiten Weltkrieg unermüdliche Loewe-Freund:innen in langer Folge Loewe-Abende und -Konzerte mit namhaften Künstler:innen. 1984 organisierte Andreas Porsche, der in Löbejün geboren wurde, einen Freundeskreis Carl Loewe innerhalb des Kulturbundes der DDR – der zum Vorläufer der heutigen Internationalen Carl-Loewe-Gesellschaft (ICLG) werden sollte.
Die Idee für einen neuen Loewe-Verein wurde am 30. November 1992 bei einer Veranstaltung des Loewe-Freundeskreises geboren. Die Gründung fand bereits wenige Tage danach am 10. Dezember 1992 statt. Die Gründungsmitglieder wählten Andreas Porsche zum ersten Präsidenten der Gesellschaft und er führt den Verein bis heute. Mit ihm widmen sich engagierte Präsidiumsmitglieder ehrenamtlich und mit großem Enthusiasmus der Pflege des Loewe- Erbes und der Lobbyarbeit für den großen Sohn der Stadt Wettin-Löbejün.
Seit April 1999 nutzt die ICLG das Dachgeschoss im Carl-Loewe-Haus am Kirchhof für Ausstellungen und Veranstaltungen. Die Zusammenarbeit mit der Kreismusikschule Carl Loewe, die seit 1997 den Namen des Komponisten trägt, haben die Vereinsmitglieder der ICLG über die Jahre intensiviert und auf ein tragfähiges Fundament gestellt.
Seit 2002 gibt es die national und international anerkannten Carl-Loewe-Festtage, die im April 2024 zum neunten Mal stattfinden werden und zu denen Musikfreund: innen aus ganz Europa und sogar aus Übersee kamen und kommen. Das Festival gibt ihnen die Möglichkeit, die gesamte Bandbreite des musikalischen Schaffens von Carl Loewe zu entdecken.

Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft
Festkonzert zu den 8. Carl-Loewe-Festtagen

Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft
Während der Carl-Loewe-Festtage ist der Komponist im Löbejüner Stadtbild allgegenwärtig.
Vereinsmitglieder in Österreich, der Schweiz, den Niederlanden, Polen und Irland
In den zurückliegenden Jahren haben die Ehrenamtlichen der Carl-Loewe-Gesellschaft ein internationales Netzwerk aufgebaut. Vereinsmitglieder kommen aus ganz Deutschland und dessen Nachbarländern Österreich, der Schweiz, den Niederlanden und Polen, sowie Irland. Enge Kontakte bestehen mit den Repräsentant:innen der Österreichischen und der Japanischen Carl-Loewe-Gesellschaft, mit Stettin, wo Carl Loewe 46 Jahre beruflich wirkte und mit der Universität Greifswald, die ihm die Ehrendoktorwürde verlieh.
2014 wurde für die Mitglieder der ICLG der Traum eines Carl-Loewe-Museums Wirklichkeit. Die Stadt Wettin-Löbejün übergab der ICLG ein umfangreich saniertes Carl-Loewe-Haus zur Nutzung als neues und einmaliges Musikermuseum.
Die jahrelange Freundschaft von Andreas Porsche mit dem schottischen Adligen, Ian Robertson Lilburn († 2013), einem damals in London lebenden Loewe-Freund, der auch Löbejün besuchte, führte dazu, dass Ian Lilburn schon zu Lebzeiten seine umfangreiche Tonträgersammlung mit Werken Carl Loewes der ICLG schenkte. So wurde das Museum mit seiner weltweit einzigartigen Tonträgersammlung und zusammen mit historischen Abspielgeräten, Notenerstdrucken und Autografen, zu einem kleinen, aber feinen Magneten für Freund:innen der Romantik und insbesondere des Schaffens von Carl Loewe. Nicht nur Kinder sind beeindruckt, wenn sie die von Loewe mit Tinte und Federkiel handgeschriebenen Noten sehen, wenn die Kurbel des Grammophons gedreht wird, sich der Plattenteller zu drehen beginnt Während der Carl-Loewe-Festtage ist der Komponist im Löbejüner Stadtbild allgegenwärtig. Festkonzert zu den 8. Carl-Loewe-Festtagen und Gesang von vor mehr als 100 Jahren, verewigt auf einer Schellackplatte, ertönt.
Mit dem Gründungsstatut hat sich der Verein verpflichtet, das Carl-Loewe-Haus zu einer zentralen Stelle der Dokumentation von Leben und Werk des Komponisten sowie der Förderung wissenschaftlicher Publikationen einschließlich biographischer Forschungen zu entwickeln. Dass dies zunehmend gelingt, belegen die vielen Anfragen aus aller Welt, die an den Verein gerichtet werden. Wenn aus Israel Anfragen zu Noten von Loewe-Liedern kommen oder ein Musikprofessor aus dem US-Bundesstaat Virginia das Carl-Loewe-Museum besucht, um authentische Informationen für seine Dissertation zu erhalten, dann ist das genau das, wofür der Verein steht. Da die Internationale Carl-Loewe-Gesellschaft aber nicht institutionell gefördert wird, ist ihre kulturhistorische Arbeit, die weit über die Region hinausstrahlt, immer wieder gefährdet. Darum setzen sich die Mitglieder des Präsidiums seit Jahren dafür ein, dass die öffentliche Hand den finanziellen Rahmen schafft, um eine hauptamtliche Fachkraft anzustellen, die die Arbeit der Gesellschaft und das Management des Museums unterstützt.
Wer eine Führung oder Gesprächsrunde im Carl-Loewe-Museum erlebt, spürt den Stolz und die Fachkenntnis der Vereinsmitglieder und verlässt das Carl-Loewe-Haus mit vielen neuen, unerwarteten Erkenntnissen und Eindrücken. Diese ansteckende Begeisterung für Carl Loewe und sein Wirken muss auch zu einer politischen Überzeugung der Verantwortungsträger in Stadt, Landkreis und dem Land-Sachen-Anhalt werden.