
SonnenBlues e. V.
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Aberglaube, Blues und Chanukka
Kaum ein Monat des Jahres ist so durchritualisiert wie der Dezember: In ganz Sachsen-Anhalt wird die Adventszeit mit Lichter- und Weihnachtsmärkten, Adventskalendern und dem Entzünden der Adventskerzen an den Sonntagen gefeiert.
Acht Tage, acht Kerzen
Die jüdischen Gemeinden in Halle und Dessau feiern in diesem Jahr zwischen dem 7. und dem 15. Dezember Chanukka, das an die Geschichte der beiden Tempel in Jerusalem, an die Befreiung des jüdischen Volkes von griechischen Herrschern und an ein Lichtwunder erinnert. „Dass Chanukka auch Lichterfest genannt wird, geht zurück auf ein Wunder bei der Wiedereinweihung“, erzählt Aron Russ von der Dessauer Gemeinde: „Obwohl das Öl eines Leuchters nur für einen Tag reichte, hat der Leuchter ganze acht Tage lang gebrannt. An dieses Wunder erinnern Jüd:innen heute mit einer Chanukkia, einem achtarmigen Leuchter, auf dem jeden Abend zum Sonnenuntergang eine weitere Kerze entzündet wird. Wir stellen unsere Chanukkia- Leuchter traditionell ins Fenster, so dass an Chanukka die gesamte Stadt besonders beleuchtet ist.“ Die Chanukkia in Halle hat eine besondere Geschichte, erzählt Alina Zelenchenok von der Halleschen Gemeinde: „Nachdem sie während der Pogromnacht im Jahr 1938 in Halle verloren ging, kehrte sie zurück und verbindet unsere heutige Gemeinde mit der jüdischen Gemeinschaft, die hier vor dem Krieg lebte. Dieses einzigartige Element verleiht den Chanukka-Feierlichkeiten in Halle eine historische Tiefe, die über die lokale Gemeinschaft hinausreicht.“
Ein typischer Chanukkabrauch ist der Verzehr von in Öl gebackenen Speisen, wie Pfannkuchen und Kartoffelpuffern, die Sufangiyot und Latkes genannt werden. Die Kinder bekommen Geschenke und ein sogenanntes Chanukkageld. „Generell feiern Juden und Jüdinnen das fröhliche Fest im Kreise der Familie“, so Aron Russ, „sie essen zusammen und spielen Spiele mit den Kindern. Ein typisches Spiel zum Chanukkafest ist der Dreidel, ein vierseitiger Kreisel.“ Beide Gemeinden begehen das Chanukkafest mit einem großen Fest in der Gemeinde, das in Halle Chanukkaball genannt wird, und vor allem für weit entfernt lebende Gemeindemitglieder ein beliebter Anlass ist, um sich wiederzusehen. In beiden Gemeinden führen Kinder und Jugendliche ein Musical oder Theaterstück auf, das sie zuvor monatelang einstudiert haben. Im Anschluss daran wird zu bekannten jüdischen Liedern getanzt, gefeiert und gegessen – „so, wie es sich für ein Freudenfest gehört“, fügt Aron Russ hinzu.
Wegen der Kontaktbeschränkungen im ersten Jahr der Corona- Pandemie hat die Gemeinde in Halle die Kerzen der Chanukkia im Hof entzündet und den Gemeindemitgliedern die Geschenke nach Hause gebracht, erinnert sich Alina Zelenchenok: „Im darauffolgenden Jahr konnten wir den Chanukkaball – unter Einhaltung aller Corona-Vorschriften – aber wieder veranstalten.“ Chanukka in Sachsen-Anhalt unterscheide sich von anderen Chanukkafesten weltweit „durch seine geschichtliche Verbundenheit, bewegende Traditionen und kreative Vielfalt“, ist sich Alina Zelenchenok sicher. Für die jüdische Gemeinde Dessau ist das diesjährige Chanukkafest das erste, seit die neue Synagoge im Oktober eingeweiht wurde.
Aron Russ, Jüdische Gemeinde zu Dessau K.d.ö.R. und Alina Zelenchenok, Jüdische Gemeinde Halle (Saale) K.d.ö.R.

Salzwedel lauscht unterm Rathaussturm
Als Brauch war das Turmblasen ursprünglich sehr weit verbreitet und entwickelte sich aus den Pflichten der Türmer und Stadtpfeifer. Die Salzwedeler Spuren des Turmblasens reichen aber nicht so weit zurück. Die älteste Erwähnung findet sich in einem Bericht des Salzwedeler Wochenblatts vom 28. Dezember 1875, wo es heißt: „Am Vorabend des Weihnachtsfestes wurde den Bewohnern unserer Stadt ein lang entbehrter Genuß dadurch bereitet, daß um 8 Uhr von der Galerie des Rathausturmes herab in wirklich erhebender Weise der schöne Choral: „,Lobt Gott, ihr Christen allzugleich‘ ertönte. … Um so freudiger hat uns deshalb nun das Trompeter-Corps des hiesigen Ulanen-Regiments am vorigen Freitag Abend durch Wiedereinführung der guten alten Sitte überrascht.“
Es hat diesen Brauch in Salzwedel also offensichtlich schon früher gegeben, allerdings habe ich bislang keine genaueren Hinweise auf diese ältere Tradition gefunden. Auch Friedrich Gartz erwähnt in seiner sonst recht ausführlichen Serie Salzwedels musikalisches Leben im 19. Jahrhundert (in acht Teilen von Oktober bis Dezember 1891 im Salzwedeler Wochenblatt veröffentlicht) das Turmblasen nicht. Nach 1875 wird das Turmblasen dagegen häufiger erwähnt. Bis zur Auflösung des Ulanen-Regiments nach dem I. Weltkrieg nahm die Regimentskapelle – das sogenannte Trompeter-Corps – diese Aufgabe wahr, ab 1920 die Ortsgruppe Salzwedel des deutschen Musikerverbandes und 1923 wurde vorgeschlagen, das wegen Fehlens einer geeigneten Kapelle nicht mehr mögliche Turmblasen durch einen Auftritt der Vereinigten Männerchöre Salzwedels am Fuß des Rathausturms zu ersetzen. Heutzutage versammelt sich die Salzwedeler Stadtbevölkerung alljährlich am Heiligabend um 18 Uhr auf dem Rathausturmplatz, um den Blasmusiker:innen zuzuhören.
Steffen Langusch, Stadtarchiv Salzwedel und Altmärkischer Verein für vaterländische Geschichte zu Salzwedel e.V.
Mit dem Nikolaus in der Mansfelder Bergwerksbahn
Unser Verein, die Mansfelder Bergwerksbahn e.V., pflegt seit 1991 eine Tradition in der Adventszeit, die sich zu einem regelrechten Ritual entwickelt hat: die Nikolausfahrten. Es ist nämlich so, dass der Nikolaus abseits der Weihnachtszeit tief und fest in unserem Lokschuppen schläft. Um sicherzustellen, dass er am Nikolausabend und an Heiligabend überhaupt wach ist, um Geschenke zu verteilen, müssen die Kinder in dem geschmückten und beheizten Zug durch die verschneite Landschaft zum Lokschuppen in Hettstedt fahren, um ihn zu wecken. Dann beginnen zwei aufregende Tage, an denen unsere Züge ständig in Bewegung sind, und der Nikolaus unterwegs einsteigt, um die Kinder zu beschenken.
Ursprünglich haben die Vereinsmitglieder die Nikolausfahrten nur ins Leben gerufen, um ihren unmittelbaren Familienmitgliedern in der Vorweihnachtszeit eine Freude zu machen. Doch schon bald wurde uns klar, dass sich vor allem die Kinder der Gegend darüber freuen würden, an den Fahrten teilnehmen zu können, und wir beschlossen, die Waggontüren einem breiteren Publikum zu öffnen.
Inzwischen hat die Mansfelder Bergwerksbahn jedes Jahr rund 2.000 Passagiere während dieser zwei Tage. Die Tradition des Nikolausweckens und der Nikolausfahrten in unserem Verein ist ein lebendiges Beispiel dafür, wie eine Idee, die ihren Ursprung im Freundes- und Familienkreis hat, zu einem geliebten jährlichen Ritual für die ganze Gemeinschaft heranwachsen kann.
Margarita Andres, Mansfelder Bergwerksbahn e.V.

Mansfelder Berwerksbahn/Steffi Graf
Wo eine Ziege tritt, da ist Roggen
Seit jeher feiern die Ukrainer:innen am Tag der Wintersonnenwende einen besonderen Naturzustand – die Geburt des jungen Sonnenlichts. Zu dieser Zeit öffnet sich dem ukrainischen Volksglauben nach das Himmelstor, sodass eine Kommunikation mit den Seelen verstorbener Vorfahren und höheren Mächten möglich wird. Die ukrainische Tradition des feierlichen Hausrundgangs mit Koliada (Weihnachtsgesang) und Glückwünschen an die Gastgeber:innen, sowie eines Weihnachtsessens mit zwölf Fastenspeisen reichen bis in die vorchristliche Zeit zurück. An der Weihnachtstafel kommen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zusammen und man wird sich dessen bewusst, dass man einer langen Familienlinie angehört.
Das Rollenspiel Malanka (Tanz der Ziege) ist eine ukrainische Neujahrstradition. Die Ziege ist ein Symbol für Fruchtbarkeit. Ihr Sterben und ihre rituelle Auferstehung stehen für den Zyklus der Natur: „Wo eine Ziege geht, da ist Roggen, wo eine Ziege tritt, da ist Roggen…“ Die ältesten bis heute erhaltenen ukrainischen Weihnachtslieder erzählen ihrerseits von der Schöpfung der Welt. Die Mitglieder des Ensembles De Libertate (geleitet von der ukrainischen Volksmusikerin Viktoria Osypenko) haben einige von ihnen bereits im letzten Jahr in Halle aufgeführt. Am diesjährigen Mittwoch vor Heiligabend werden sie erneut ein Konzert in der Marktkirche in Halle geben und sich auf diese Weise für die Unterstützung und Solidarität der Hallenser: innen bedanken.
Roksolana Grabko, Save Ukraine e. V. und Mitglied der ukrainischen Community in Halle (Saale)

Save Ukraine e. V.
Weihnachts-Blues im Bauhaus Dessau
Ein besonderes Ritual, das der SonnenBlues e.V. seit 2012 jedes Jahr im Dezember begeht, ist unsere Weihnachts-Blues Jam Session, zu der wir Musiker: innen einladen, die sonst nicht zusammen auf der Bühne spielen und also improvisieren müssen. Der SonnenBlues e.V. ist ein Dessauer Verein mit 12 Mitgliedern, die sich ganz und gar dem Blues verschrieben haben. Blues war zu DDR-Zeiten zwar nicht explizit verboten, ist aber eine Musikrichtung, die aus der Unterdrückung heraus entstanden ist und bei der so immer auch ein Hauch von Protest mitschwingt. Blues fand in der DDR also immer abseits des Mainstreams statt. Unsere Blues-Abende veranstalten wir im cafe-bistro im bauhaus, im Souterrain des Weltkulturerbes Bauhaus Dessau, das schon zu DDR-Zeiten unter dem Namen Bauhausklub als Tanzlokal existierte. Ich mochte Blues schon immer und tanze auch gerne. Vor mittlerweile elf Jahren habe ich mich deshalb mit ein paar Freunden zusammengetan und – zugegebenermaßen recht hemdsärmelig – die Bluesnacht ins Leben gerufen, die nun achtmal im Jahr stattfindet. Man kennt uns als die „Dessauer Bluesbrüder“ und die Weihnachts-Blues Jam Session im cafe-bistro im bauhaus ist der krönende Abschluss unseres Blues-Jahres.
Die Blues-Musiker:innen, die bei uns auftreten, kommen aus dem ganzen Bundesgebiet oder sogar dem europäischen Ausland, aber wir wollen auch jungen Künstler:innen eine Plattform bieten. Deswegen veranstalten wir regelmäßig Bluesnächte, die ganz explizit für Nachwuchsmusiker: innen reserviert sind. Übrigens machen wir das alle ehrenamtlich. Das geht nur, weil unser Verein wie ein gut geöltes Getriebe läuft: Jeder hat seine feste Aufgabe. Das ist vielleicht auch der Grund, dass unsere Weihnachts-Blues Jam Session für viele andere zum festen Ritual geworden ist – zum einen für die Musiker:innen, die in Dessau Freundschaften geschlossen haben, und zum anderen für das Publikum, das jedes Jahr gern wiederkommt.
Hendrik Pieske, SonnenBlues e.V. Dessau

SonnenBlues e. V.
Abergläubische Sachsen-Anhalter:innen
Ein Aberglaube, der mindestens im Bereich des nördlichen und östlichen Sachsen-Anhalts verbreitet ist, ist der, dass der Grünkohl, den man aus dem Garten des übernächsten Nachbarn klaut, besonders nahrhaft sein soll.
Die Zwölfnächte, wilden Nächte oder Rauhnächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag haben im Aberglauben des mitteldeutschen Raums eine ganz besondere Bedeutung. Vor allem im Elb-Havel-Winkel ist Frau Harke (siehe Heftrückseite) bekannt – eine norddeutsche Schwester der mitteldeutschen Frau Holle und der süddeutschen Frau Perchta sozusagen. Man soll während der Rauhnächte zum Beispiel keine Wäsche aufhängen. Dieser Glaube hat möglicherweise damit zu tun, dass aufgehängte Bettlaken in der dunklen Jahreszeit für Leichentücher gehalten werden können und so Tod über den Haushalt bringen. Eine andere Erklärung rührt daher, dass die Verarbeitung von Flachs – also vor allem das Spinnen – nach der Flachsernte im Herbst bis spätestens Weihnachten erledigt sein sollte. Faule Mädchen, die diese Arbeit nicht erledigt haben, würden dem Aberglauben nach in den sogenannten wilden Nächten Besuch von Frau Harke bekommen, die ihnen die Haare so verwuschelt, dass sie sie nicht mehr glatt kämmen können.
Weit verbreitet war auch der Volksglaube, dass die Tiere zu Weihnachten eine besondere Speise bekommen sollen, also etwa besonderes Heu. Mir gefällt daran besonders, dass dieser alte Brauch heutzutage wieder auflebt. Inzwischen gibt es in Supermärkten ja sogar Adventskalender für Haustiere.
Antonia Beran, Kreismuseum Jerichower Land in Genthin
Floraler Weihnachtsschmuck in Sachsen-Anhalt
Immergrüne Pflanzen sind schon seit Jahrhunderten beliebtes Schmuckwerk während der Adventszeit und der Weihnachtsfeiertage. Der Adventskranz wird 1839 erstmals erwähnt. 19 rote und vier weiße Kerzen lassen damals noch eine Verbindung zum Adventskalender erahnen. Schließlich setzt sich die Adventskranzvariante mit vier Kerzen und zusätzlichem Schmuck, wie etwa Bändern oder Strohsternen, durch. Ab dem 16. Jahrhundert werden sehr vereinzelt die ersten Weihnachtsbäume in Deutschland urkundlich erwähnt. Allmählich breitete sich in wohlhabenden Familien das Aufstellen von Fichten aus, die mit Kerzen, vergoldeten Äpfeln oder Naschwerk geschmückt wurden.
Erst viele Jahre später konnten sich auch die ärmeren Volksschichten einen Weihnachtsbaum leisten. Gegenwärtig bilden immergrüne Nadelbäume, die mit Kerzen, Lametta, Glaskugeln, Lichterketten geschmückt sind, in öffentlichen Gebäuden und privaten Wohnungen gleichermaßen den Mittelpunkt des Festgeschehens. Während bis 1960 noch überwiegend die Gewöhnliche Fichte (die auch als Rottanne bekannt ist) und die Stech- (oder Blau-)Fichte als Weihnachtsbäume dienten, wird inzwischen vor allem die auf Weihnachtsbaumplantagen kultivierte Nordmanntanne verwendet. Zudem erfreut sich die aus dem Westen der USA stammende Edeltanne hierzulande einer steigenden Beliebtheit unter Käufer:innen von Weihnachtsbäumen.
Eberhard Große, Geobotaniker

Springer-Verlag Berlin Heidelberg
DDR-Spuren im Dezembersound Sachsen-Anhalts
Zum Dezember und Weihnachten gehört auch eine eigene, saisonale Klangkulisse. Dabei hat sich das Repertoire an Weihnachtsliedern in den letzten Jahrzehnten vervielfältigt und globalisiert. Das spanische „Feliz Navidad“ wird hierzulande im Radio gespielt, auf Weihnachtsmärkten läuft neben „Stille Nacht“ Mariah Careys „All I want for Christmas“ und „Last Christmas“ von Wham! hat es in die Schulliederbücher Sachsen-Anhalts geschafft.
Das Bundesland teilt sich aber mit vielen Menschen zwischen Ostsee und Erzgebirge ein spezifisch ostdeutsches Musikerbe, das durch die Zeit der DDR geprägt ist. Dazu gehören Weihnachtslieder wie „Tausend Sterne sind ein Dom“ von Siegfried Köhler, „Sind die Lichter angezündet“ von Erika Engel und Hans Sandig oder die Bearbeitung des Liedes „Guten Abend, schön’ Abend, es weihnachtet schon“ von Hans und Ilse Naumikat aus Schönebeck. Diese Weihnachtslieder, die allesamt aus der Frühzeit der DDR stammen, knüpfen musikalisch an traditionelle Volkslieder des 18. und 19. Jahrhunderts an, jedoch fehlt den Texten jeglicher religiöse Bezug. Stattdessen handeln sie von der besinnlichen Festtagsstimmung im Familienkreis, einer weltlichen Lichtsymbolik und der Sehnsucht nach Frieden.
Das passte gut zu den kulturpolitischen Vorgaben des jungen Staates, der eine säkularisierte, DDR-eigene Festtradition ohne Jesuskind und Heilige Drei Könige etablieren wollte. Volkskunst sollte dabei aber in Abgrenzung zur US-amerikanisch beeinflussten Populärmusik dezidiert gefördert werden.
Trotzdem bleiben ebenso christliche Weihnachtslieder lebendig. Das zeigt exemplarisch die Liedauswahl auf der beliebten Eterna-Schallplatte „Sind die Lichter angezündet“ von 1971 oder „Weihnachten in Familie“ des Schlägersängers Frank Schwöbel von 1985. Beide sind immer wieder neu aufgelegt worden und inzwischen auch als Youtube- oder Spotify-Playlist abrufbar. Ein Titel, der erst nach der Wiedervereinigung in Sachsen-Anhalter Kindergärten und Wohnzimmer einzieht, ist die 1987 veröffentlichte „Weihnachtsbäckerei“ des gebürtigen Hamburger Liedermachers Rolf Zuckowski. Alle Stücke bereichern – ob medial übertragen, selbst singend, mitwippend oder tanzend – eine wachsende und sich wandelnde weihnachtlich-winterliche Musikkultur.
Ortrun Vödisch, Referentin für Alltagskulturen beim Landesheimatbund Sachsen-Anhalt e.V.
Winterwanderung durch den Wald und Flur
Jedes Jahr zwischen den Jahren veranstaltet der Natur- und Heimatverein Bismarck Kläden e.V. eine Winterwanderung – in diesem Jahr schon zum 25. Mal. Da kann man durchaus schon von einem Ritual sprechen. Dem Verein ist es seit jeher ein großes Anliegen, in sogenannten Waldspielen unsere Natur vor allem den Kindern und Jugendlichen nahezubringen. Daraus hat sich dann schon in den ersten Vereinsjahren die Winterwanderung entwickelt, die sich an alle Altersgruppen richtet und gleich beim ersten Mal so großen Zuspruch gefunden hat, dass wir sie seitdem jedes Jahr ausrichten.
Unser Revierförster Bodo Storch führt die etwa 100 Teilnehmenden sachkundig durch Wald und Flur und erklärt ihnen die Flora und Fauna. Die Winterwanderung findet jedes Jahr in einer anderen Gemarkung der Einheitsgemeinde Bismarck statt: Dieses Jahr sind wir in Grassau. Auch die Jäger der Gegend sind an der Winterwanderung beteiligt: Den Anfang und das Ende der Wanderung markieren Jagdhornklänge. Während der Waldwanderung gibt es traditionell ein Picknick – in der Altmark geht Gemeinschaftsgefühl nämlich durch den Magen.
Verena Schlüsselburg, Natur und Heimatverein Bismarck/ Kläden e.V.

Natur und Heimatverein Bismark/Kläden e.V.
Neues Weihnachtsritual dank Corona
Eine noch sehr junge Weihnachtstradition wurde in Dahlenwarsleben und Gersdorf aus der Not heraus geboren. Als der traditionelle Weihnachtsmarkt im Jahr 2021 pandemiebedingt abgesagt werden musste, hatten der Vorsitzende des Sportvereins SG Grün Weiß Dahlenwarsleben e.V. , Marcel Wahnschaap, und die Vorsitzende des Heimat- und Kulturvereins Dahlenwarsleben e.V., Ines Wiersdorf, eine Idee, um die Bewohner:innen der beiden Bördedörfer ihr Weihnachtsfest nicht in kompletter Einsamkeit feiern lassen zu müssen. Am Tag vor Heiligabend fahren sie seitdem als Weihnachtsmann und Weihnachtsfrau verkleidet in ihrem motorisierten Gefährt zu den Einwohner:innen von Dahlenwarsleben und Gersdorf, um ihnen schöne Weihnachten zu wünschen. Für die Kleinsten haben sie Geschenke im Gepäck. Die Menschen auf dem Dorf schätzen die persönlichen Gespräche sehr. Der persönliche Kontakt führt oft zu neuen Ideen und ist essentiell für ein harmonisches Miteinander. Die Initiative der beiden Vereinsvorsitzenden kam so gut an, dass die Dahlenwarslebener:innen und Gersdorfer: innen auch nach dem Ende der Kontaktbeschränkungen durch die Corona-Pandemie auf eine Fortführung der Weihnachtsfahrt bestanden.
P.S.: Unser Ortsbürgermeister Dominik Richter beteiligt sich als Engel an der Weihnachtsfahrt.
Katja Röber, Heimat- und Kulturverein Dahlenwarsleben e.V.

Kultur- und Heimatverein Dahlenwarsleben e. V.
Bischofsschiffchen, Weihnachtsscheite und Gebildbrote
Im Jahr 2018 hat der Hallische Hanse e.V. als Alternative zu den kommerziellen Weihnachtsmärkten einen kleinen, historischen Weihnachtsmarkt rundum den Eselsbrunnen am Alten Markt in Halle veranstaltet. Auf dem Platz, der als Wiege der Saalestadt gilt, ging es sehr familiär zu: Kinder konnten sich in besinnlicher Atmosphäre Märchen vorlesen lassen und sogenannte Bischofsschiffchen basteln, die auf einem Brauch aus dem 15. Jahrhundert beruhen und Vorläufer des heutigen Nikolausschuhs und -strumpfs sind. Der heilige St. Nikolaus, auf dem die Figur des Nikolaus und des amerikanischen Santa Claus beruhen, ist nämlich auch der Schutzheilige der Seefahrer:innen und Binnenschiffer: innen.
Weitere alte Bräuche, die wir damals auf unserem Weihnachtsmarkt wieder haben aufleben lassen, war der Weihnachtsscheit – ein mit Wein und einem Segensspruch geweihter Holzscheit, den die Besucher:innen mit nach Hause nehmen konnten – und das Backen eines Gebildbrotes, das mit dem Stutenkerl oder Weckmann aus anderen Regionen vergleichbar ist. Für die Erwachsenen gab es Würzwein, den wir nach altem Rezept über dem offenen Feuer zubereitet haben. Diese alten Bräuche fanden damals wegen ihrer Schlichtheit und weil sie nur noch sehr selten anzutreffen sind großen Anklang unter den Besucher: innen des Weihnachtsmarkts. Unser Verein würde den historischen Weihnachtsmarkt gern wieder ins Leben rufen, aber finanziell und personell ist uns das leider gerade nicht möglich.
Thomas Kirchhoff, Hallischer Hanse e.V.

Hallischer Hanse e. V.